(Nach zeichnungen o.t. Hörspiel von Felix Zbinden)

Website, 2001
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— www.ref17.net/morgenmehr
— Text (DE)
Esther Hunziker «morgen mehr», Website 2001

Esther Hunziker «morgen mehr», Website 2001

Esther Hunziker «morgen mehr», Website 2001

Esther Hunziker «morgen mehr», Website 2001

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Esther Hunziker «morgen mehr», Website 2001

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Esther Hunziker «morgen mehr», Website 2001

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Esther Hunziker «morgen mehr», Website 2001
Screenshots
DE)
«morgen mehr Werk ist ein Versprechen, das sich schon auf den ersten Mauskontakt hin erfüllt: Im leeren Imagerahmen erscheint das Schwarz-Weiß-Bild einer Frau in einer Quizsituation. Offenbar die 50er Jahre, die aktuelle Summe beträgt $ 6 300; wie bescheiden, denkt man im Zeitalter von Who want's to be a Millionaire. Der Klick erbringt Text aus dem Off: «Es reicht nicht», sagt eine Männerstimme, dann bauen sich vier Imagerahmen auf, werden nacheinander mit Farbe gefüllt (Ankunft im Farbfernsehzeitalter), man hört den Einwahlton eines Modems. Ein par force Ritt durch die Mediengeschichte, noch ehe es richtig losgeht. Und wie man bald sieht, geht es auch gar nicht los, jedenfalls nicht nach vorn. Das Internet entpuppt sich als andere Form des Fernsehens, das Globale Dorf bleibt unidirektional.

Der Klick auf die Imagekästen lässt Ausschnitte aus Fernsehsendungen (Technik, Tierwelt, Straßenverkehr, politisches Tagesgeschehen ...) erscheinen und aktiviert Audiofiles. Die Bilder sind vorrangig Schwarz-Weiß, der Sound steht zumeist in keiner erkennbaren Verbindung zu ihnen; man merkt bald, dass die gleichen Bilder mitunter mit anderem Ton erscheinen. Dies geschieht jedoch nicht infolge eines zugrundeliegenden Zufallsgenerators, sondern aus klarem Kalkül der Autoren. Nach einer gewissen Klick-Zeit ändern sich schließlich die Bilder in den vier Kästen automatisch und mit sehr kurzen Schnittsequenzen, wozu mehrere Sound-Dateien völlig durcheinanderlaufen. Die Schlagwörter der Sound-Montage sind unter anderem: «Aber es ist ein guter Weg», «sind Opfer gebracht worden», «die junge Generation zu Politik», «die verdrängte nationalsozialistische Vergangenheit», «blüternrein und seidentrocken», «Baader-Meinhof-Prozess», dazu gibt es Bombendetonationen und unverständliche Artikulationen.

Die medienkritische Absicht der Vorführung liegt auf der Hand, und die unter den Audiofiles auftauchende Abmoderation von Karl Eduard von Schnitzlers legendärem «Schwarzen Kanal» erinnert auch gleich an den doppelten Boden solcher Kritik. Morgen mehr steht mit seinen gespiegelten, ausgegliederten, neu kontextualisierten Zitaten ganz in der Tradition metareflexiver Medienkunst. Und wenn man hier zunehmend eine willkürliche Neuzuordnung der vorhandenen Ton- und Bildelemente (die immerhin zumeist als dokumentarische Medien angesehen werden) beobachten kann, deutet dies schon auf jene Untiefen der Manipulation, die heute mit den digitalen Medien erreicht sind.

Zum Abschluss der Zeigefinger aus dem Off. Der Klick auf den Bilderreigen vertreibt sie alle. Plötzlich sind die Kästen leer, Stille. Nach 5 Sekunden eine glücksstrotzende Frauenstimme wie aus der Werbung: «komm, hier läuft ja alles von alleine. Vollllll auutomatisch!!» Der nächste Klick (und wer die 5 Sekunden nicht wartet, kommt gleich dahin) lässt auch die Rahmen verschwinden, erneut ist eine Männerstimme (Walter Jens?) zu hören: «Es bleibt viel zu tun, um Texte mit Leben zu erfüllen». Ein Abschlusssatz, in dem sich die Mahnung des Anfangs noch einmal spiegelt und der, kulturkritisch genug, zugleich offenlässt, ob diese Arbeit am Text morgen mehr gelingen wird oder weniger.»

Texte, Scripts & Codes; Sprach- und Textarbeiten auf xcult.ch
von Robert Simanowski, www.dichtung-digital.de